Der Staat sind wir

Warum haben wir ein anderes Verhältnis zum Staat als die Schweizer? Ein wesentlicher Grund meint Irmgard Griss, liegt in der Geschichte: Die Schweizer haben ihr Schicksal früh selbst in die Hand genommen und sich schon im
15. Jahrhundert gegen die Habsburger durchgesetzt - bei uns haben sie bis 1918 geherrscht.
Herrschen bedeutet über dem Volk zu stehen, das Wesen einer Demokratie hingegen liegt darin, dass Herrscher und Beherrschte identisch sind und das mussten alle erst lernen.

Mein persönlicher Lernprozess wie der Staat funktioniert, hat in Wahrheit erst im Laufe unserer „Bürgerinitiative“ begonnen, davor hat mich die Frage - wie die meisten Nicht-Juristen - kaum beschäftigt. Und doch ist es eine ganz entscheidende Frage, denn wie sich unser Staat entwickelt, bestimmen wir ja alle mit! Nur sollten wir das öfters als am Wahltag tun.

Heute verwundert es mich nicht mehr, dass die Schweiz als Vorbild genannt wird, wenn von mehr direkter oder lebendiger Demokratie gesprochen wird, haben sie doch ein paar Jahrhunderte mehr Erfahrung als wir. Und heute verstehe ich auch, warum Richter und Verfassungsexperten ein Anti-Korruptionsvolksbegehren gestartet haben: Weil wir uns nicht die Mühe machen, uns besser zu informieren, eine eigene Meinung zu bilden und uns in Entscheidungsprozesse einzubringen und damit schon viele Chancen auf bessere Gesetze oder gesellschaftliche Normen vertan haben. Die Politik hat dieses geringe Interesse der Bürger bald erkannt und parteipolitische Machtapparate (Kammern) aufgebaut, die sie um jeden Preis erhalten wollen: Mit aller Kraft drücken sie sich vor Transparenz und Compliance Regeln (Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und Normen), denn nach diesen Kriterien beurteilt, würden sie vielleicht früher abgewählt werden und müssten gegebenenfalls auch für Schäden aufkommen, wie in der Privatwirtschaft auch. Dagegen wird immer wieder eingewandt, dass niemand mehr bereit wäre, in die Politik zu gehen, wenn es eine solche Haftung gäbe. Das glaube ich nicht. Es gibt auch dann genug fähige und anständige Menschen die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen - es müssten nur einige Gesetze KLARER verfasst und die Rechte im Föderalismus RELATIVIERT werden.
Womit wir beim Kern sind: Viele unserer Gesetze sind deshalb so unklar formuliert, damit sie jeder Landeshauptmann/jede Landeshauptfrau nach eigenem Ermessen umsetzen kann. Das macht sie dann wieder zu Landesfürsten und schafft Freiraum für Murks und Korruption.

Mit drei Beispielen möchte ich STILLSTAND/MACHTMISSBRAUCH/KORRUPTION erklären und zum sich "einbringen" anregen:

Stillstand: Die Energieversorgung ist nicht nur in Österreich in aller Munde, aber warum trifft uns der Krieg in der Ukraine so hart?

  • Gas sichert die Energieversorgung (das wird noch eine Weile so bleiben). Deshalb gibt es in Österreich große, unterirdische Speicher, die den Gasbedarf eines ganzen Jahres lagern können. Leider waren sie fast leer, da unsere Regierungen kein „Risk-Management“ betreiben und die E-Control blauäugig meint, dass Russland sich auch im Krieg an die Lieferverträge hält.
  • Nur eine intelligente Stromversorgung ist eine nachhaltige Stromversorgung. Da redet uns die Umweltministerin ein, Photovoltaik auf unsere Dächer zu schrauben, weil es ja nicht so teuer ist - lässt uns aber bei der Speicherung allein. Sie sorgt eh für Förderungen, sagt sie. Nur kostet die Anlage jetzt mit Förderung genau so viel, wie vorher ohne Förderung (man muss aber <100 Seiten Energieausweis für die Bürokratie ausfüllen)!

Das passt zu unserer dynamischen Regierung. Und wir sollten nicht müde werden, die Wahrheit anzusprechen: Solange die EVN als unser regionaler Netzbetreiber (die Infrastruktur wurde vom Steuergeld unserer Alten finanziert) nicht schleunigst alle Möglichkeiten der intelligenten Energieverteilung anschafft und unsere Bürgermeister keine Lösungen für Gemeinschaftsspeicher im Ort organisieren, finanzieren wir Bürgerinnen und Bürger weiter nur den gesellschaftlichen Stillstand und die politische Korruption.

Machtmissbrauch: Die Anwohner der Heideansiedlung verfügen über KEINE direkte Straßenverbindung ins Stadtzentrum. Der Bau der Nordspange, die Mülldeponie und die Betriebsgenehmigung der Schottergruben ohne Auflagen zur Wiederherstellung führten zur Ungleichstellung des Stadtteils gegenüber Wiener Neustadt aber auch von Steinabrückl: Wir leben in einem Rechtsstaat und da kann nicht sein, dass Wasser und Kanal aus Steinabrückl teurer ist, weil wir Städter sind und für Bus/Taxi Überlandzuschläge bezahlt werden müssen, obwohl wir Städter sind. Die Bürgerinitiative hat deshalb 2017 den Gemeinderat gefragt: Gemeindestraße wieder herstellen, oder Desintegration kompensieren? Der Gemeinderat war für die Neugestaltung der Heideansiedlung und - der Bürgermeister streicht sie von der Liste! Nichts dran an dieser Führung - ausser betonieren und Energieprobleme verschlafen.

Korruption: Rauchfangkehrer werden vom Landeshauptmann mit Kehrbezirken beliehen und bekommen ihr wirtschaftliches Auslangen garantiert. Die Größe der Kehrbezirke legt der Landeshauptmann auf Rat der Rauchfangkehrer-Innung fest. In Innsbruck gibt es sechs Kehrbezirke, im doppelt so großen Graz nur drei. Ermessenssache sagt die Behörde, wenn man nachfragt. Oder: In NÖ gibt es alle 10 Jahre eine Feuerbeschau, obwohl ohnehin bis zu 4x im Jahr im hoheitlichen Auftrag geprüft wird.

 

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